header-picture

Meditation im täglichen Leben

Buddha-Dipa

Buddha-Statue im Dipabhavan Me­di­ta­ti­ons­zen­trum, Koh Samui, Thailand

1. Einführung
Der Dalai Lama schreibt in seinem Buch A­wak­en­ing the Mind, Light­en­ing the Heart, S. 72-73. (Aus dem Eng­lischen über­setzt vom Au­tor die­ses Ar­ti­kels): „Um un­sere spi­ri­tu­elle Praxis sta­bil und aus­dauernd zu machen, müssen wir be­stän­dig üben. Ein(e) Schön­wetter-Prak­ti­zie­ren­de(r) hat nur we­nig Aus­sicht ihre/­seine Ziele zu er­rei­chen. Es ist außer­or­dent­lich wich­tig, die Lehren Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr um Jahr zu üben. [...] Tat­säch­lich laden oder tan­ken wir wäh­rend der (Me­di­ta­tions-) Sit­zung unsere Ener­gie wieder auf, um in der Lage zu sein, nach der Sit­zung weiter zu üben.
Je besser wir in der Lage sind, den Geist wäh­rend der Sit­zun­gen zu for­men, desto bes­ser wer­den wir in der Lage sein, da­nach mit Schwie­rig­keiten um­zu­ge­hen.”

Es ist also wichtig, bei einer regel­mä­ßigen for­malen Me­di­ta­tions­praxis zu blei­ben und es ist noch wich­tiger, diese Fä­hig­kei­ten in un­se­re täg­li­chen Akti­vi­täten zu über­neh­men. Im Fol­gen­den wer­den einige Hin­weise ge­geben, die hilf­reich für den Beginn oder die Fort­füh­rung einer Me­di­ta­tions­pra­xis außer­halb eines Me­di­ta­tions­zen­trums sind.

Zurück zur Inhaltsangabe

2. Formale Med­i­ta­tion
2.1 Eine feste Tages­zeit
Die beste Zeit, nach meiner Er­fah­rung die ein­zige mit eini­ger Er­folgs­aus­sicht, ist der frühe Mor­gen. Falls not­wen­dig, stehen sie frü­her auf und be­gin­nen den Tag nach der Mor­gen­toi­let­te mit Me­di­ta­tion. Der frü­he Mor­gen ist für viele ohne­hin die beste Zeit zur Me­di­ta­tion und es ist dann viel­leicht ein­facher, Stö­run­gen durch andere Fa­mi­lien­mit­glie­der oder durch von außen kom­men­de Ge­räusche (z.B. Ver­kehrs­lärm) zu ver­mei­den.

Die zweitbeste Zeit ist der Abend vor dem zu-Bett-ge­hen. Doch sind die Aus­sich­ten, bei einer re­gel­mä­ßigen Abend­me­di­ta­tion zu blei­ben, nicht so gut. Der Abend ist die Zeit für alle mög­lichen Akti­vitä­ten und Tref­fen: Freun­de be­su­chen, Essen gehen, Kino- oder Kneipen­be­su­che, gehen häu­fig mit dem Kon­sum von Alko­hol oder ande­ren Dro­gen ein­her. Alko­hol und Me­di­ta­tion passen nicht zu­sam­men, ande­re Dro­gen noch weniger. Doch selbst ohne den Kon­sum von Alko­hol oder an­de­ren Dro­gen wer­den wir oft spät nach Hause kom­men und mü­de sein – viel­leicht zu müde.

Die drittbeste Zeit ist nach der Ar­beit, vor den Frei­zeit­ak­ti­vitä­ten. Doch wäh­rend die­ser Zeit wer­den wir häu­fig durch ande­re Fa­mi­lien­mit­glie­der, oder not­wen­dige Tä­tig­kei­ten wie ein­kaufen, kochen, an­dere Haus­arbei­ten in An­spruch ge­nom­men. Zu­sätz­lich sind wir viel­leicht müde oder ge­stresst von der Arbeit.
Nach meiner Erfahrung ist der frühe Mor­gen die ein­zige Tages­zeit mit einer ge­wissen Aus­sicht auf Er­folg, um eine regel­mä­ßige for­male Me­dita­tions­praxis außer­halb eines Re­treats be­ginnen oder fort­set­zen zu kön­nen. Wenn eine Wahl­mög­lich­keit be­steht, wählen sie diese Tages­zeit. Ver­suchen sie jeden Tag zu me­di­tie­ren, min­des­tens ½ Stun­de. Steht mehr Zeit zur Ver­fü­gung, kön­nen sie län­ger sit­zen oder eine wei­te­re Me­di­ta­ti­ons­peri­ode zu einer ande­ren Tages­zeit ein­bauen. Es ist kaum mög­lich tie­fere Kon­zen­tra­tion mit ledig­lich ½ Stun­de Me­di­ta­tion zu er­rei­chen, doch 30min., um den Geist zu be­ruhi­gen, um zu re­flek­tieren was in un­serem Leben ge­schieht, wird uns hel­fen, das Leben so wie es ist, leich­ter anneh­men zu können. Die Not­wen­dig­keit Per­sonen, Situ­atio­nen und die Um­welt ent­sprech­end un­se­rer Vor­lie­ben oder Ab­nei­gun­gen zu mani­pu­lie­ren wird nach­lassen. Wir werden zu­frie­dener und zu wert­vollen Ka­me­raden ande­rer und un­se­rer ‚Selbst’.

Es ist emp­feh­lens­wert, Me­di­ta­tions­peri­oden mit eini­gen Mi­nu­ten Lie­ben­der Güte Me­di­ta­tion zu be­en­den oder hin und wie­der eine gesamte Sit­zung dieser Me­di­ta­tions­form zu wid­men. Dies bringt sehr wohltu­ende Er­geb­nisse.

Zurück zur Inhaltsangabe

2.2 Ein geeigneter Ort
Ein Platz ausschließlich für die for­male Sitz­me­di­ta­tion. Dies muss selbst­ver­ständ­lich kein ge­son­der­ter Raum sein, le­dig­lich ein Be­reich, viel­leicht deko­riert mit ei­ni­gen Blumen oder ei­nem Bild, ei­ner Statue oder Ähnlichem.
Nichts Extravagantes sondern ein Ort, an dem wir gern sind, ein Ort, um ruhig, ent­spannt, fried­lich zu wer­den, ein Ort frei von Stö­run­gen, ein Ort, um in sich zu gehen.

Zurück zur Inhaltsangabe

2.3 Kontakte zu anderen Me­di­tie­ren­den
Mittlerweile gibt es in vielen Orten im Westen Grup­pen, die sich re­gel­mä­ßig zu spi­ri­tu­el­ler Ent­wick­lung, viel­leicht ein- oder zwei­mal pro Woche, zu­sam­men­fin­den. Es hat nicht not­wen­di­ger­weise eine bud­dhis­tische Grup­pe zu sein, so lange sie schwei­gend me­di­tie­ren. Zei­tun­gen, be­stimmte Zeit­schrif­ten sowie das Inter­net geben Aus­kunft. Die Un­ter­stüt­zung einer Grup­pe, die Grup­pen­ener­gie, ist sehr hilf­reich, um regel­mäßig zu üben.

Da der Bedarf nach Spi­ri­tu­ali­tät zu­zu­neh­men scheint, sind mitt­ler­weile viele, viele eso­te­ri­sche Leh­ren im An­ge­bot. Mei­ner Mei­nung nach hat Bud­dhis­mus und bud­dhis­tische Me­di­ta­tion so wie in diesem Buch vor­ge­stellt, nichts Ge­heim­nis­vol­les an sich. An­de­re spi­ri­tu­elle For­men, so sie tat­säch­lich solche sind, kann ich nicht beur­tei­len.

Eine gewisse Vor­sicht bei der Aus­wahl eines Leh­rers bzw. einer Grup­pe kann aller­dings nicht scha­den, ins­be­son­dere wenn Geld ver­langt wird. Geld zu ver­lan­gen ist nicht von vorn­her­ein von Übel, schließ­lich müs­sen alle ihren Le­bens­unter­halt (der nicht un­be­dingt meh­re­re Au­tos und stän­dige Flug­rei­sen bein­hal­ten muss) ver­die­nen, doch sollte es eine wert­vol­le Ge­gen­leis­tung dafür ge­ben. Fragen sie die Leh­re­rin, wo und wie lange sie stu­diert hat, wie lange sie be­reits unter­rich­tet. Finden sie selbst her­aus, ob der Leh­rer für sie ge­eig­net ist, ver­trauen sie der Leh­rer­in nicht nur, weil sie be­rühmt ist oder andere von ihr er­zählt ha­ben. Die Emp­fehlung von U. Vi­ma­la­ram­si, ein Me­di­ta­tions­leh­rer, lau­tet: „Der Weg, einen guten Leh­rer aus­zu­wählen ist zu beo­bach­ten, ob seine Schüler (-in­nen) lie­bens­wür­dig, freund­lich, ange­nehm und hilf­reich sind.” Selbst­ver­ständ­lich sollte die Leh­re­rin ihre ei­genen Leh­ren selbst auch prak­ti­zie­ren. Gibt es keine Me­di­ta­ti­ons­grup­pe in der Um­ge­bung, kön­nen sie viel­leicht selbst eine grün­den.

Zurück zur Inhaltsangabe

2.4 Kurzzeit­retreats
Versuchen sie hin und wieder, sich allein oder mit Be­kann­ten in ein Kurz­zeit­re­treat zu­rück­zu­ziehen. Viel­leicht ge­lingt es, ein Wochen­ende schwei­gend der Me­di­ta­tion zu wid­men. Falls ein gesam­tes Wochen­ende zu lang ist, ver­suchen sie ab und an einen Tag schwei­gend zu ver­brin­gen.

Falls genügend Zeit (im Westen auch Geld) vor­han­den ist, besu­chen sie ein 10-tä­gi­ges Re­treat, viel­leicht ein­mal im Jahr, um die spi­ri­tu­elle Bat­te­rie wieder auf­zu­laden, um die spi­ri­tu­elle Praxis zu fes­tigen. In­zwi­schen gibt es fast über­all, auch im Westen, Medi­tati­ons­zent­ren  mit z. T. her­vor­ra­gen­den Leh­re­rin­nen und Leh­rern, von denen viele jahre­lang als Mön­che oder Non­nen in Indien oder Süd­ost­asien ge­lebt ha­ben. [...]